aus: "wegschnipsel.WAV"




Die Kosmetik ist anders. Bei uns duften die Frauen so wie die Blumen, die bei uns wachsen. Hier ist es mehr, dass man riechen will wie die Gebäude. Die riechen viel schöner als bei uns, das muss ich sagen. Vor allem die Klos, kein Vergleich. Ehrlich, ich bleibe manchmal eine Viertelstunde sitzen. Bis ich auch so rieche.

Was mich stört, sind die Hunde. Ich sehe sie überall, auf der Straße, im Restaurant, sogar unter Schreibtischen auf Ämtern habe ich Hunde getroffen. Was will man mit all diesen Tieren? Die meisten sind viel zu klein und dick um irgendwas zu bewachen. Ich verstehe es so, man sagt uns: Seht her, Tiere sind wichtiger. Sie kriegen das, was ihr von uns wollt, wir haben nichts mehr für euch. Als Ausländer hat man dabei ein komisches Gefühl, ungefähr so.

Es ist zu kalt. - Nein, nicht die Sprache. - Auch nicht die Leute, die sind überall gleich. Das Wetter ist schlimm. Es war ein Fehler, was Ihre Vorfahren gemacht haben. Sie sind zu weit gegangen. Sie hätten stehen bleiben müssen, als sie keine Oliven und keine Trauben mehr sehen konnten. Und sind einfach weiter gezogen, nach Norden, das war der Fehler. Die heutigen Einwohner trifft keine Schuld. Irgendwo ist es auch gut, dass wenigstens im Norden Frieden herrscht, wir da hin flüchten können. Aber es war ein Fehler, damals.

Das bitte nicht senden, was ich gerade gesagt habe. Ich weiß überhaupt nicht, was passiert mit dem, was ich hier sage. Von welchem Radio kommen sie denn? - Also wenn ich Unsinn rede, werfen Sie es weg.

Ich will mal so sagen: In der Heimat war auch nicht alles schlecht. Weil hier ist manches noch schlechter.

Was meinen Sie damit: Die Deutschen kennen den Krieg auch? - Ach so, die Bomben. Ja natürlich, Dresden. Sie meinen, die Leute hier können Kriegsflüchtlinge verstehen. Ja, ich weiß auch nicht. Vielleicht ist es zu lange her.

Die Jugend ist nicht gut erzogen. Sehen Sie, unser Rabbi geht keinen Tag durch die Fußgängerzone ohne zu hören: Scheiß Jude. Heil Hitler. Erst die Juden, dann die Türken. Ich will einen Juden töten. Auf, ich bin ein Jude, hat er neulich einem geantwortet. Der hat nichts mehr gesagt.

Bei uns haben Sie eine Kollegin entlassen, weil sie auf der Arbeit ihr Kopftuch anbehalten wollte. Was gehen die meine Haare an, hat sie gesagt. Was gehen die Leute auf der Straße die Beine und der Balkon von all den Mädchen an auf den Zeitschriften?, frage ich mich. Habt ihr keine Frauen zu Hause? Wissen die Frauen nicht, was die Männer wollen? Vielleicht gehen ja die Frauen hier im Mantel und mit Kopftuch ins Bett. Ich verstehs nicht.

Schön? Na ja, es ist eigentlich kaum was zu sehen von dem Land. Schauen Sie mal hier, die zwei Bäume und der Himmel. Der Rest sind Steine und Plastik.


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